Von Hamburg ins Herz der Schweiz – oder: Das wirklich letzte Softeis des Sommers

Wolken über dem türkisblauen Brienzersee.
Blick auf den Brienzersee in der Schweiz.
Ein Baum am Ufer des Brienzersees.
Der Brienzersee in der Schweiz

Im Arbeitsleben habe ich viel mit dem Thema Wohnmobilurlaub zu tun. Denn als Marketing Manager bei CU | Camper befasse ich mich desöfteren mit der Thematik. Zum Glück. Besonders schön wird es aber, wenn ich nicht nur vom Büro aus ans Reisen mit dem Wohnmobil denke, sondern selbst losfahre.

So geschehen im September 2020. Acht Tage Freizeit treffen auf den F4 Family Plus von DRM. Das Ziel: Der Genfersee im Südwesten der Schweiz, in den Kantonen Genf und Waadt. Wenige Tage vor Abreise passiert Folgendes: Jene Kantone Genf und Waadt werden während der Covid 19-Pandemie zum Risikogebiet deklariert. Jackpot. Offenbar gehört es zum Jahr 2020 dazu, möglichst flexibel zu sein. 

Der F4 Family Plus von DRM am Brienzersee in der Schweiz.
Unser Fahrzeug für die nächsten Tage

Glücklicherweise verfügt die Schweiz noch über weitere Regionen, die ich mir ansehen möchte und die nicht als Risikogebiet gelten. Deshalb suche ich mir kurzerhand die Region zwischen Vierwaldstättersee und Brienzersee für eine genauere Erkundung aus. Das alles liegt ziemlich zentral in der Schweiz und sieht auf Bildern immer sehr schön aus. Also hin da. 

An einem Mittwochabend erfolgt die Übernahme an der Station von DRM etwas  nördlich von Hamburg. Das Fahrzeug zählt zu den größeren des Vermieters – mit sieben Metern Länge und 3,30 Metern Höhe. Bis zu sechs Personen können mit dem Wohnmobil verreisen. Nur für meinen mitreisenden Vater und mich ist es fast schon überdimensioniert. Aber ich bin froh, überhaupt noch ein Wohnmobil bekommen zu haben in diesem außergewöhnlichen Spätsommer, in dem weit mehr Menschen als normal mit dem Wohnmobil die heimischen Gefilde erkunden. Die Einrichtung bzw. Aufteilung empfinde ich als sehr angenehm. Neben den zwei Sitzecken, Bad und der Küche samt großem Kühlschrank und Kühlfach bieten die Schränke, das Bett im Alkoven und die zwei Betten im Heckbereich viel Platz. Das Wohnmobil hat zudem noch keine zehntausend Kilometer gefahren und ist entsprechend in jeglicher Hinsicht neuwertig. 

Tag 1-3: Von Hamburg bis Freiburg im Breisgau (800 Kilometer)

Der restliche Mittwochabend ist Packtag. Am Donnerstagmorgen versuchen wir zunächst, dem norddeutschen Flachland möglichst schnell zu entkommen. Nach rund vier Stunden Fahrt ist das erste Zwischenziel der Rundreise das Hermannsdenkmal in Detmold. Den großen Riesen auf seinem Sockel habe ich bis dato noch nicht real gesehen – ebenso wenig die nur wenige Kilometer entfernten Externsteine. Dank strahlender Sonne ist die Erkundungstour an beiden Sehenswürdigkeiten ein gelungener Start der Tour. 

Die Externsteine in Detmold bei Sonnenschein.
Die Externsteine in Detmold

Danach geht es weiter in Richtung Süden. Das Ziel ist Heidelberg. Und mit jeder Stunde, die auf der Autobahn vergeht, stelle ich fest, dass ich etwas zu sportlich geplant habe. Schließlich fährt man mit einem Wohnmobil dieser Größe doch meist etwas langsamer, als mit dem eigenen PKW. Und so ist es  nach weiteren fünf Stunden bereits dunkel, als wir das Ziel erreichen. Wir ergattern noch einen Stellplatz in Neckargemünd. Der Campingplatz Haide liegt unmittelbar am Fluss. Entsprechend gut hört man, wenn ein Frachtschiff vorbei schippert. Durchaus angenehm.

Blick auf die Alte Brücke in Heidelberg.
An der Alten Brücke in Heidelberg

In der Morgendämmerung sehe ich dann die Schiffe auch, als ich mich auf den Weg in die Heidelberger Altstadt mache. Ich möchte eines der Wahrzeichen der Stadt, die Alte Brücke, fotografieren. Tagsüber ist das mit den zahlreichen Touristen ein schwieriges Unterfangen. Morgens hingegen hat man die Brücke (zumindest an diesem Morgen) ganz für sich. Danach verweile ich noch ein paar Stunden in der Stadt und beobachte, wie aus menschenleeren Plätzen bis zur sonnigen Mittagszeit enorm belebte Plätze werden. Natürlich darf eine Wanderung hinauf zum Schloss nicht fehlen. Spätestens jener Aufstieg ist eine gute Vorbereitung auf die kommenden Tage in bergigerem Gelände.

Am Nachmittag führt die Fahrt weiter in Richtung Schwarzwald. Freiburg ist das Ziel. Allerdings stelle ich auf dem Weg dorthin fest, dass es nicht einfach ist, für diesen Freitagabend noch einen Campingplatz zu finden. 

Schweiz
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Tag 4-5: Von Freiburg bis Luzern (180 Kilometer)

Der achte Platz, den ich anrufe, hat schlussendlich noch einen freien Platz. Und so geht es nach einer kurzen Stadtbesichtigung in Freiburg an den nördlichen Stadtrand – auf den Campingplatz am Silbersee. Jener See begrüßt uns fast schon wieder zum Sonnenuntergang, der sich auf der Wasseroberfläche spiegelt. In einem Biergarten der campingplatzeigenen Gaststätte klingt der zweite Abend der Rundreise entspannt aus.

Das TCS Camping Horw liegt nur wenige Kilometer von Luzern entfernt direkt am Ufer des Vierwaldstättersees.

Gut zu wissen

Der nächste Tag führt dann endlich in die Schweiz. Kurz vor der Grenze kaufen wir an einer Tankstelle eine Vignette, um vor Ort die Autobahnen nutzen zu können, was teils große Zeitersparnisse mit sich bringt. Nahe Basel passieren wir die Grenze und nach insgesamt rund zweieinhalb Stunden Fahrt durch zahllose Tunnel erreichen wir den Campingplatz für die nächsten zwei Nächte.

Kapellbrücke in Luzern.
Die Kapellbrücke in Luzern am Abend

Für eine erste Erkundung schnappe ich mir mein Fahrrad, das die Fahrt auf dem Fahrradträger problemlos überstanden hat und mache mich auf den Weg. Von Horw fahre ich nach Hergiswil, entschließe mich dann aber irgendwann, doch in Richtung Luzern zu radeln. Und das lohnt sich. Entlang des Sees geht es bergauf und bergab vorbei an zahlreichen schönen Aussichtspunkten und ebenso eindrucksvollen Immobilien, bis die Stadt erreicht ist. Deren historisches Zentrum ist sehr ansehnlich – besonders rund um  die Kapellbrücke. Als ich die erreiche, setzt schon wieder die Abenddämmerung ein, sodass sie beleuchtet noch einen fantastischeren Anblick bietet, als zuvor. Am Wasser locken Restaurants zahlreiche Gäste an und überall duftet es nach Käsefondue, während der Tag sich langsam verabschiedet und ich durch das nächtliche Luzern zurück radle. 

Der nächste Tag steht ganz im Zeichen des Bergs. Von denen gibt es schließlich in direkter Umgebung mehr als genug. Wir entscheiden uns zu einer Tour auf den Fronalpstock am Ostufer des Vierwaldstättersees.

Die beleuchtete Kapellbrücke am Abend in Luzern.

Tag 5-6: Von Luzern bis Interlaken (80 Kilometer)

Auf der Tour dorthin fahren wir einige Kilometer direkt am Wasser entlang und ich komme aus dem Staunen kaum heraus. Die verwinkelten Buchten und die darüber hinausragenden Berge vermitteln fast den Eindruck, als wäre man an Norwegens Fjorden unterwegs. Bevor wir uns schließlich dem Fronalpstock widmen, begeben wir uns noch auf eine Entdeckungstour in den Orten Schwyz und Brunnen. Nach dem vielleicht letzten Softeis des Jahres fahren wir dann zur Talstation der steilsten Standseilbahn der Welt. Die befindet sich in den Ausläufern von Schwyz und führt über sagenhafte 110 Prozent Steigung hinauf bis in den autofreien Ort Stoos. Dort sorgt das Panorama erstmals für diesen typischen Bilderbuch-Rundumblick. Saftig-grüne Wiesen, kleine Pensionen und Gasthäuser, Kühe mit ihren weit klingenden Glocken, Berggipfel in diversen Richtungen – und  Skilifte. Mit zweien von denen fahren wir in den nächsten dreißig Minuten bis auf den Gipfel des Fronalpstocks. 

Grüne Wiesen am Wanderweg zum Gipfel des Fronalpstocks.
Ein hölzernes Kreuz am Vierwaldstättersee.
Eindrücke der Wanderung bishin zum Gipfel des Fronalpstocks

Von dort oben ergibt sich ein herausragender Blick auf die angrenzenden Berge und den Vierwaldstättersee weit unten. In den nächsten Stunden wandern wir in der luftigen Höhe. Je später der Nachmittag wird, desto weniger Menschen sind unterwegs. Und hinter jeder Ecke und jedem Hügel ergeben sich neue, traumhafte Ausblicke. Nach einigen Kilometern begeben wir uns wieder auf den Rückweg – auch wenn ich diesen kaum in Angriff nehmen möchte. Erst auf dem Campingplatz in Horw merke ich schnell, dass ich ein für meine Verhältnisse als Flachlandmensch straffes Programm zurückgelegt habe. Dem Wunsch nach einem warmen Abendessen (Nudeln mit Tomatensoße – nicht kreativ, aber schnell erledigt) folgt um so schneller der Wunsch nach meinem übrigens sehr gemütlichen Bett im Heck des Wohnmobils. Und so endet dieser laue Spätsommerabend für mich verhältnismäßig früh.

Am nächsten Morgen fahren wir noch etwas weiter in den Süden. Zunächst reservieren wir uns für den Abend auf dem TCS Campingplatz Bönigen-Interlaken einen Stellplatz. 

Blick auf den Brienzersee am Abend.

Tag 6-7: Brienzer Rothorn und Lauterbrunnen

Der liegt direkt am Brienzersee, welcher uns in einem wunderschönen türkisen Farbton begrüßt. Direkt von Brienz aus wollen wir an diesem Tag mit der Brienz Rothorn Bahn auf gleichnamigen Berg hinauf fahren. Jene historische Bahn samt imposanter Dampflokomotive wollte ich schon seit Längerem einmal live durch die atemberaubende Landschaft fahren sehen. Und jetzt sitze ich selbst an Bord. Rund eine Stunde dauert die Tour hinauf auf das Brienzer Rothorn. Die Aussichten auf die immer karger werdenden Berghänge und auf den See werden in zunehmender Höhe immer imposanter.

Dichte Wolken am Brienzer Rothorn.

Nachdem wir oben angekommen sind, wandern wir wiederum über diverse Berghänge. An guten Tagen zeigen sich bis zu siebenhundert Berggipfel. Das ist zwar an jenem Herbsttag nicht ganz drin, dennoch bin ich beeindruckt. Alle zehn Meter ergeben sich neue Eindrücke und Aussichten. Besonders spannend sind für mich die Wolken, die sich im Sekundentakt um die Berggipfel herum verändern. Teilweise sieht man die Hand vor Augen kaum, eine Minute später sieht man wiederum die Sonne auf den Kilometer entfernten See scheinen. 

Nach einigen Stunden samt Picknick geht es dann wieder hinab. Das stetige Rattern der Räder wirkt fast hypnotisch und versetzt mich in ein kleines Schläfchen. Danach bin ich zumindest wieder fit, um noch ein wenig die Sonne am Ufer des Brienzersees zu genießen. Und um doch nochmal bei einem Softeis zuzugreifen. Den restlichen Nachmittag und Abend lassen wir in Interlaken und auf dem Campingplatz ausklingen.

Für die letzten zwei Tage in der Schweiz habe ich je eine Tagestour rund um Lauterbrunnen und Grindelwald eingeplant. Beide Orte sind malerisch gelegen. Beide Orte sind in rund zwanzig Minuten von Interlaken aus erreichbar. Und von beiden Orten aus ergeben sich unzählige Optionen für Wanderungen.

Tipp für das Parken eines Wohnmobils bei Lauterbrunnen: Parkplatz Lengwald 300B (Stechelberg) – von dort fahren Shuttlebusse nach Lauterbrunnen.

Info

Tag 8: Märchenhaftes Grindelwald

In Lauterbrunnen ist besonders der Staubbachfall, der rund dreihundert Meter hoch ist, ein gern und viel genutztes Fotomotiv. Auch an diesem Tag knipsen Menschen aus aller Welt dort Fotos. Zufällig entdecke ich, dass der Wasserfall sogar teilweise begehbar ist. Und so klettere ich durch kleine, höhlenartige Gänge, bis ich aus einem kleinen Felsvorsprung heraus auf das Dorf und seine Umgebung herabblicken kann und wie bei einem echten Hamburger Regen nass werde. Heimatgefühle!

Panoramablick über Grindelwald.
Panorama von Grindelwald
Gletscherschlucht in Grindelwald.
Eine Gletscherschlucht in Grindelwald

Einige weitere Stunden wandern wir rund um den Ort. Auf der einen Seite zeigt sich die imposante Berglandschaft. Inmitten des Ortes mit seinen vielen hübschen Häusern ist es selbst Ende September noch relativ trubelig. Viele Urlauber genießen es, beim Essen dem Treiben auf der Straße zuzuschauen. Als am späten Nachmittag das erste Mal während unserer Tour leichter Regen einsetzt, fahren wir mit dem Wohnmobil zurück zum Campingplatz nach Interlaken. Ein deftiges Abendessen rundet den Abend ab und wiederum früh suche ich mein Bett auf, um für den nächsten Tag fit zu sein.

An dem fahren wir morgens nach Grindelwald. Jener Ort verfügt nicht nur über einen märchenhaften Namen, er ist auch märchenhaft gelegen. Vor dem Panorama von Eiger, Mönch oder Jungfrau liegen grüne Wiesen, durchbrochen von wilden Bächen. Dass jener Ort einem gewissen Herrn Tolkien als Vorlage für die Region ‘Mittelerde’ in seinem Werk “Der Herr der Ringe” diente, kann ich mir nur allzu gut vorstellen. Von Grindelwald aus wandere ich bergab hinab zur Gletscherschlucht. Die ist durch Brücken und kleine Höhlengänge begehbar. Über die tosenden Wassermassen entlang zu schreiten, ist definitiv ein besonderes Erlebnis. 

Zurück im Zentrum des Ortes schlendere ich durch die Straßen und Souvenirshops. Neben einem Mittagessen gibt es das einzig wahre Dessert dieser Tour: (Das für diesen Sommer jetzt ganz sicher letzte) Softeis!

Danach naht bereits das unausweichliche Ende des Wohnmobilurlaubs.

Tag 8-9: Rückreise (1.100 Kilometer)

Von Grindelwald aus geht es nämlich zurück nach Deutschland, in Richtung Stuttgart. Und wir kommen gut voran. Bis zum Feierabendverkehr kurz vor Zürich. Dabei begehe ich den Fehler, im Navi die schnellste Ausweichroute einzustellen. Eh wir uns versehen, befinden wir uns mit unserem großen Wohnmobil nicht mehr auf der Autobahn, sondern mitten im Zentrum Zürichs. Das war nicht unbedingt clever – und als wir eine Stunde später endlich das inzwischen ebenso staulastige Zentrum wieder hinter uns lassen können, sind wir heilfroh. Danach verlassen wir die Schweiz und schauen spontan, bis wohin wir es mit dem letzten Tageslicht  schaffen. Und mit einer ruhigen Nacht. Der letzten auf dieser Wohnmobilrundreise. 

Blick auf die Burg Hohenzollern.
Die Burg Hohenzollern

Letztlich landen wir bei Donaueschingen auf dem Campingplatz Riedsee Camping. Der überzeugt mich mit besonders einladenden Sanitären Anlagen – den besten auf einem Campingplatz in Deutschland, die ich bis dato habe sehen dürfen.

Die fast tagesfüllende Rückfahrt von Donaueschingen nach Hamburg wird dann noch für eine kleine Pause unterbrochen: Bei Albstadt bzw. Bisingen fahren wir an den Fuß des Zellerhorns. Nach einer rund einstündigen Wanderung haben wir den Gipfel dieses Berges erklommen und sehen nur wenige Kilometer vor uns die monumentale Hohenzollernburg über einer malerischen Landschaft thronen, in der sich bereits das Laub zu verfärben beginnt. Eine fantastische Aussicht zum Abschluss, bevor wir Natur gegen einige Stunden auf der Autobahn tauschen.

Die Abgabe bei DRM verläuft dann schnell und unkompliziert. Vielen Dank an das Team, das sich sowohl bei Übernahme als auch bei Abgabe des Fahrzeugs viel Mühe gegeben hat. Es bleiben die Erinnerungen an wunderschöne Bergwelten, türkisfarbene Seen unter strahlender Sonne – und an das definitiv letzte Softeis des Sommers. Und es bleibt die absolute und uneingeschränkte Empfehlung für einen Wohnmobilurlaub rund um das Berner Oberland. In diesem Sinne: Grüezi.

Björn Esperling, September 2020

Europa
Mit dem Wohnmobil flexibel unterwegs sein.

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