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Nach Corona-Zwangspause: Womo-Pioniere in Westkanada
Wie ist es, nach eineinhalb Jahren des eingeschränkten Reisens wieder in die große, weite Welt starten zu dürfen? Von ihrer Wohnmobilreise nach Westkanada berichten in diesem Artikel Susanne und Volker Rusch:
Ja, bei unserem Hinflug nach Calgary und der Wohnmobilübernahme bei Four Seasons / Fraserway haben wir uns tatsächlich gefühlt wie Pioniere. Nur einen Tag nach Öffnung der Grenzen für ausländische Touristen können wir unsere mehrfach umgebuchte Reise antreten. Diesmal ohne konkrete Routenplanung und mit vielen kleinen Highlights.
Die Einreise ist problemlos, die schlaflosen Nächte vorher hätte ich mir sparen können. Gut vorbereitet durch die doppelte Impfung, den PCR Test zwei Tage zuvor und die ‘ArriveCAN’-App geht die Immigration schneller als sonst. Vor dem Abflug in Deutschland und bei der Zwischenlandung in Amsterdam werden die Impfpässe kontrolliert. Zwingend notwendig am Flughafen in Calgary ist das Receipt der ‘ArriveCAN’-App, davon habe ich einen Screenshot gemacht.
Nach der ersten Hotelübernachtung im Airporthotel Acclaim fahren wir mit dem Uber zu Fraserway in Airdrie. Die Übernahme geht schnell vonstatten, da wir bereits mehrfach Wohnmobile in den USA und Kanada gemietet haben und uns auskennen. Wir bekommen wie gebucht ein Four Seasons C22 aus dem Jahr 2019 mit ca. 50.000 km auf dem Tacho. Außen hat es einige kleine „Macken“, die genau dokumentiert werden. Four Seasons vermietet ältere Fraserway-Modelle zu einem günstigeren Preis, die aber sehr gut gewartet werden. Wir hatten während der gesamten Reise keinerlei Probleme mit dem Wohnmobil.
Fotograf: Rusch
Bereits um 10 Uhr starten wir den Großeinkauf bei ’WalMart’ und im ‘Canadian Superstore’. Danach fahren wir weiter in die Alberta Badlands. Unser erster Campground liegt direkt am Horseshoe Canyon. Genau richtig für den ersten Abend, nachdem wir die Koffer ausgepackt haben, bleibt noch Zeit für einen Spaziergang und ein erstes Campfire ist auch noch drin. Die nächsten 3 Tage verbringen wir in den Badlands, die Landschaft erinnert uns sehr an den Südwesten der USA. Sehr zu empfehlen ist das ‘Royal Tyrrell Dinosaurier Museum’ in Drumheller und der Writing-on-Stone Provincial Park. Den Dinosaur Provincial Park besuchen wir nicht, da es an dem Tag nur regnet. Mit dem Fish-Lake Provincial Park finden wir einen genialen Übernachtungsplatz in den Graslands, wir sind fast allein dort und haben eine Site mit Seeblick. Die Zufahrt ist eine sehr gute Gravelroad, bei Four Seasons erlaubt zu fahren, da es sich um eine offizielle Straße mit Nummer und Namen handelt.
Fotograf: Rusch
Danach steht der Waterton Lakes-Nationalpark auf dem Plan. Toller Park, nur der Campground gefällt uns nicht ganz so, es gibt leider keine Firepits. So ein Abend ohne Campfire geht gar nicht! Hier lassen wir das Wohnmobil stehen und wandern ab dem Campground zum Bertha Lake, die Falls sind leider wegen Bauarbeiten nicht zu erreichen. Toll! Unbedingt machen sollte man die Wanderung auf den Bear‘s Hump: Grandioser Blick von oben auf die Seen, die Stadt und das ‘Prince of Wales Hotel’. Nach zwei Tagen im Waterton-Nationalpark geht es weiter Richtung Crowsnest Highway, wir möchten das südliche Stück der Forestry Trunk Road fahren. Das ist eine ehemalige Forststraße, nicht asphaltiert, aber ebenfalls eine offizielle Straße mit Nummer und Namen. Wir sind total begeistert von den Ausblicken, die sich immer wieder ergeben. Die Sonne scheint, wir finden einen perfekten Boondocking Platz mitten in der Natur. Nur noch ein anderer Camper steht weit entfernt von uns, einfach genial. Abends wird es schon sehr kalt, aber das Feuer wärmt und wir sitzen lange draußen und betrachten den tollen Sternenhimmel.
Fotograf: Rusch
Die nächsten Tage verbringen wir im Peter Lougheed Provincial Park. Das Wetter spielt zwar nicht immer mit, uns gefällt es trotzdem ausgesprochen gut hier. Natürlich wandern wir wieder, u.a. zum Rawson Lake und zum Fire Lookout. Hier ist Grizzly-Gebiet, wir haben zwar kein Bärenspray aber eine Bärenglocke am Rucksack. Außerdem klatschen wir immer mal wieder in die Hände und unterhalten uns möglichst laut. Zwischendurch habe ich trotzdem manchmal ein ungutes Gefühl. Es geht alles gut, hier sehen wir (leider) noch keine Bären.
Über die Smith Dorrien / Spray Trail Road fahren wir nach Canmore und von da weiter Richtung Banff / Lake Louise. Die Gegend kennen wir bereits, trotzdem verbringen wir hier ein paar schöne Tage. Ganz besonders gut gefällt uns der Johnston Canyon Campground. Am Lake Louise wandern wir den Plain of Six Glaciers Trail, endlich mal mit Sonne. Im September sehr zu empfehlen ist die Wanderung zum Larch Valley vom Moraine Lake aus. Wenn die Sonne auf die Lärchen scheint, sehen sie fast golden aus. Wir sind echt begeistert. Über den Kootenay-Nationalpark und Golden fahren wir weiter Richtung Mt. Revelstoke-Nationalpark. Unterwegs suchen wir einen Platz für eine Zwischenübernachtung und finden, völlig überraschend, unseren Traumplatz des Urlaubs. Am Waitabit Creek verbringen wir zwei traumhafte Tage. Wir relaxen in der Sonne, können mit den Füßen ist Wasser und beobachten die Lachse, ich glaube es sind Sockeye Lachse.
Fotograf: Rusch
Bären gibt es dort auch, wir sehen leider nur einen toten Schwarzbären. Im Mt. Revelstoke-Nationalpark verlässt uns dann unser Wetterglück. Bei den Giant Cedars scheint noch die Sonne, aber bereits auf dem Meadows-in-the-Sky Parkway zieht es sich zu. Wir lassen (leider) die Aussichtspunkte aus, der Ranger hat uns zu einem schnellen Start der Wanderung zum Miller Lake geraten. Das nützt nicht viel, im Regen laufen wir den Rückweg. Wir wundern uns, wie viele Kanadier trotzdem unterwegs sind, viele zwar mit Regenjacke aber oft mit kurzer Hose. Kanadier wandern bei jedem Wetter, stellen wir fest. Trotz des Regens eine tolle Wanderung, uns begeistern die Herbstfarben.
Fotograf: Rusch
Um dem Regen zu entfliehen, planen wir um und fahren südlich. Hier verbringen wir ein paar schöne, meist sonnige Tage. Gut gefallen uns der Herald Provincial Park bei Salmon Arm und der Bear Lake Provincial Park bei Kelowna. Die 8 km lange Gravel Road zum Myra Canyon ist sehr gut gegradet und ohne Probleme befahrbar. Dort kann man Räder leihen und die alte Bahntrasse der ‘Kettle Valley Railway’ (zwölf Kilometer one way, 18 Brücken und 2 Tunnel) abfahren. Da wir die Fahrräder nur für zwei Stunden bekommen können, entscheiden wir uns zu laufen. Im Nachhinein eine gute Entscheidung, so kann man die Ausblicke und Brücken viel besser bewundern. Wir lassen nur die letzten beiden Brücken aus, insgesamt sind wir ca. fünfzehn Kilometer gelaufen.
Fotograf: Rusch
In der Nacht auf einem einsamen Campground oberhalb des Okanagan Valley haben wir leichten Bodenfrost. Wie gut, dass sich das Thermostat der Heizung vom Bett aus bedienen lässt. So warten wir mit dem Aufstehen, bis es warm im Wohnmobil ist. Wenn Bodenfrost angesagt ist, stellen wir die Heizung ab jetzt nachts auf ca. 12 – 15 ° C, damit uns die Leitungen nicht einfrieren. In den nächsten Tagen fahren wir bis zum Wells Gray Provincial Park. Dort gibt es noch einen offenen Campground. Anfang Oktober haben schon viele Campgrounds in den National- und Provincial Parks geschlossen. Da ist es manchmal nicht so leicht, einen schönen Platz zu finden. Auf dem ‚Pyramid-Campground‘ im Wells Gray-Nationalpark treffen wir uns mit Freunden aus einem Wohnmobilforum, das wird ein toller Abend am Campfire. Wir wandern am nächsten Tag den South Rim Trail zu den Helmcken Falls, klasse, man kommt fast an die Kante des Wasserfalls heran. Sind acht Kilometer zu laufen, den View Point auf der anderen Seite erreicht man nach wenigen Metern. Bei der Ausfahrt aus dem Wells Gray sehen wir unseren ersten Bären der Reise, einen Schwarzbären, von der Straße aus. Endlich ein Bär, wir beobachten ihn eine Zeit lang.
Fotograf: Rusch
Vorm Besuch des Jasper-Nationalpark übernachten wir in Tete Jaune auf einem privaten Campground. Wir bekommen die beste Site, direkt am Fraser River. Soo schön, hier gibt es Biber, leider sehen wir nur die abgenagten Bäume. Im Jasper-Nationalpark bleiben wir zwei Nächte auf dem Whistlers-Campground. Der ist umgebaut und im vorderen Bereich, Sites mit Elektroanschluss, echt hässlich. Im hinteren Bereich ist es wie früher und wir bekommen eine schöne Site, teilweise unter Bäumen. Unsere Nachbarn (im Zelt) warnen uns, es soll ein Schwarzbär in der Gegend sein. Abends, im Dunkeln, hören wir ihn, nur ein paar Meter entfernt. Wirtrauen uns fast nicht mehr ans Feuer, unsere Nachbarn schlafen im Auto statt im Zelt. Ich stehe eine ganze Zeit auf der untersten Stufe des Wohnmobils, ist das aufregend! Auf den Fotos sehe ich später zwei weiße Punkte, die Augen. Am nächsten Tag finden wir ein Häuflein des Bären, nicht weit vom Wohnmobil entfernt im Gebüsch.
Aber das war es noch nicht mit den Bären im Jasper: Wir sehen an der Straße zum Pyramid Lake einen Grizzly mit Cub. Mein Wunsch ist in Erfüllung gegangen! Wir haben zwar schon oft Schwarzbären gesehen, aber vorher noch nie einen Grizzly. Ich bin sowas von begeistert, endlich ein Grizzly und dann so nah! Gewandert wird auch, mit ungutem Gefühl, hier möchten wir keinem Grizzly begegnen. Den Maligne Lake lassen wir dieses Mal aus.
Fotograf: Rusch
Über den Icefields Parkway, leider bei leichtem Schneetreiben, fahren wir langsam zurück nach Banff. Hier verbringen wir noch sonnige, aber kalte Tage. Vom Bow Valley Provincial Park ist es nicht weit in die Kananaskis, wo man herrlich wandern kann. Seit kurzem ist hier ein Eintritt von 15 $ täglich pro Fahrzeug fällig, das war auch schon im Peter Lougheed Provincial Park zu Anfang unserer Reise so. Den Betrag zahlen wir im Visitor Center, geht aber auch online.
Zum Abschluss unserer Reise ist noch shoppen in Calgary angesagt. Wir verbringen einen Tag bei Schneetreiben im Outlet ‘CrossIron Mills’ und bei ‘Bass Pro’. Alleine bei ‘Bass Pro’ mit den ganzen ausgestopften Wildtieren kann man sich einen Nachmittag aufhalten. Der Rückflug ist pünktlich, es gibt bei der Einreise nach Deutschland nichts zu beachten, da wir doppelt geimpft sind.
Wir sind dankbar für diese tolle Reise und so froh, dass wir uns nicht haben abschrecken lassen.
Meistens waren wir allerdings in der Natur, da konnte uns nichts passieren (bezüglich Corona – da waren die Bären gefährlicher). Fazit unserer Reise: Nur Mut und die kleinen Highlights haben uns am meisten begeistert.
Susanne + Volker Rusch, Oktober 2021
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